Bauen mit Zukunft - das LiScha-Modellhaus

April/Mai 2015: Tausende Menschen stehen vor den Trümmern ihrer Häuser. Ihr Zuhause und das ohnehin schon wenige Hab und Gut ist völlig zerstört.
Die schweren Beben von 2015 hatten von den 1.340 Familienhäusern oder -hütten unserer Projektregion 1.200 beschädigt, über 700 davon wurden völlig zerstört.
Schon am 2. Tag nach dem ersten verheerenden Erdbeben begannen wir mit den LiScha-Hilfslieferungen und der Notversorgung für unsere schwer erreichbare Projektregion. Notcamps wurden eingerichtet, und wir stellten den Menschen das Nötigste bereit. Die am schwersten betroffenen Familien erhielten „Überlebenspakete“ bestehend aus Planen, Decken, Kochutensilien, Lebensmitteln, Bekleidung, etc.
So konnten sie die ersten Wochen und Monate überleben. Aber wie sieht die Zukunft aus? Wir suchten nach einer Lösung, um dem riesigen Umfang der Wiederaufbauarbeiten, dem sozialen Gleichgewicht innerhalb der Gemeinden und dem Selbstwertgefühl der Familien gerecht zu werden und langfristig den Familien Orientierung sowie Hilfe über die Zeit der Beseitigung der Erdbebenschäden hinaus zu geben.
So kam für uns die Errichtung einzelner Häuser für „ausgewählte“ Familien nicht in Frage. Nicht zuletzt auch, um den Familien den Anspruch auf die staatlichen Zuschüsse aus den internationalen Hilfsgeldern zu ermöglichen, der automatisch bei Unterstützung von Außen erlischt, um eine gerechte Verteilung zu ermöglichen und eine Übervorteilung Einzelner zu unterbinden.
Wir entschieden uns für die Errichtung eines Modellhauses, das die regional typischen Bauweisen, Traditionen und Besonderheiten unserer Projektregion Kankada, die vorwiegende Verwendung lokaler Naturbaumaterialien sowie erdbebengerechte Elemente vereint. Dafür fanden mehrere Treffen mit den Bewohnern unserer Projektregion und Architekten vor Ort statt. Wir sprachen mit den Familien in den verschiedenen Siedlungsgemeinschaften, um am Ende ein bestmögliches Resultat für ihr neues erdbebengerechtes Zuhause zu erzielen.
Wichtig war es uns auch, die lokale Bevölkerung mit ihren Fähigkeiten in die Baumaßnahmen des Modellhauses mit einzubeziehen und sie zusätzlich dabei von Fachleuten zu schulen.
So haben sie die Möglichkeit, das Erlernte in die verschiedenen Regionen unseres Projektgebietes zu transportieren und dort direkt anwenden zu können.
Einige Monate Vorbereitung waren nötig, viele Schritte und viele Hürden zu nehmen. Genehmigungen der staatlichen Behörden waren einzuholen – ein Prozess, der einige Zeit in Anspruch nahm ...
Die sechsmonatige indische Grenzblockade (2015/2016) und die damit entstandene Materialknappheit verzögerten zusätzlich den Baubeginn. Als alle Baumaterialien organisiert und die durch Nachbeben sowie die ausgeprägte Regenzeit immer wieder zerstörte Piste in unsere Projektregion wieder repariert war, konnte der Bau unseres Modellhauses beginnen.
Zusätzlich zur direkten Einbeziehung der lokalen Bevölkerung in die Baumaßnahmen boten wir allen interessierten Bewohnern unserer Projektregion während der gesamten Bauphase immer wieder Trainings zu den Besonderheiten und erdbebengerechten Konstruktionsdetails unseres Modellhauses an. Diese Möglichkeit wurde dankbar und zahlreich angenommen.
Die Chance, eigenständig Häuser nicht nur traditionell sondern auch erdbebengerecht bauen zu können und dies ohne zu große Kosten, ist für die Menschen hier eine ganz wesentliche und nachhaltige Hilfe.
Am 12.04.2017 war es dann soweit: Unser LiScha-Modellhaus wurde fertig gestellt und in einer landestypischen Puja (Zeremonie) eingeweiht und damit eröffnet.
Schon während der Bauphase des Modellhauses begannen einige Familien, direkt das Erlernte in den Aufbau ihrer eigenen Häuser zu integrieren. Es ist schön zu sehen, dass unser Modellhaus so unmittelbar Schule macht!