Sprachlos und beschämt – mein Praktikum in Nepal

Drei Wochen Nepal, ein „spezielles“ Praktikum für einen 16-jährigen Gymnasialschüler aus Deutschland und wirklich nicht selbstverständlich! Drei Wochen lang Einblicke in eine unfassbar interessante und fremde Kultur, die in ihrer Einzigartigkeit einfach atemberaubend ist. Aber auch drei Wochen erschreckende Armut, die mich zum Nachdenken gebracht und mir die Schattenseiten dieser Welt offenbart haben.
So ungefähr könnte man mein Praktikum im Herbst 2012 bei der Entwicklungshilfeorganisation „LiScha Himalaya e.V.“ zusammenfassen.
Aber eigentlich war es mehr als das, mit Worten schwer auszudrücken und nur für den wirklich zu verstehen, der es mit eigenen Augen gesehen hat. Es war ein Abenteuer, wie ich es vorher und auch in naher Zukunft nicht erlebt habe und erleben werde. Dieses Abenteuer begann mit meiner Mitgliedschaft bei LiScha und resultierte schließlich in einer etwas anderen Art der Reise.
Ich hatte vorab durch die Berichte und Bilder der beiden LiScha-Initiatoren, Daniela Jährig und Steffen Schöley, natürlich einen gewissen Einblick in die Projektarbeit erhalten, wusste also ungefähr, was mich erwarten würde. Das dachte ich jedenfalls. Es war schon länger geplant, dass ich die beiden irgendwann einmal in ferner Zukunft besuchen werde. Doch dass es so schnell geht, hätte ich nicht erwartet. Um mir also selbst ein Bild zu machen und nicht nur aus den Erfahrungen anderer erzählen zu müssen, beschlossen wir, die mir gebotene Chance eines dreiwöchigen Praktikums in Nepal zu nutzen. Gesagt, getan, ich flog hin. Doch was mich dort bei meiner Ankunft in Katmandu, Nepals Hauptstadt, erwartete, verschlug mir sprichwörtlich die Sprache!
 
Diese ganzen Menschen, eigentlich viel zu viele für einen so kleinen Raum und dann dieses Durcheinander! Überall klingelte und hupte es, Kühe standen mitten auf der Straße und mussten umkurvt werden und in dieser ganzen Hektik diese seelenruhigen Menschen, die das überhaupt nicht zu stören schien. Für mich ging es dann relativ schnell von Katmandu in die Projektregion. Mit schnell ist hier jedoch nicht die Fahrt gemeint, für diese brauchten wir auf Grund der wirklich sehr schlechten Straßenverhältnisse erstmal einen Tag mit dem Bus und dann noch einmal einen Tag für den Aufstieg in die Region, die weit ab vom Schuss liegt.
 
Schon der Fußmarsch in die Projektregion war für mich Europäer ein Erlebnis. Es ging durch eine tiefe Schlucht, mit unzähligen Flussdurchquerungen und erst nach einer steilen, kraftraubenden Aufstiegsetappe erreichten wir das eigentliche Projektgebiet. Dass Leben dort oben war wirklich nicht mit dem mir Vertrauten zu vergleichen. Eher fühlte man sich wie in einem Zeitsprung um Jahre in eine andere Epoche versetzt.
Die Menschen empfingen mich, trotz ihrer augenscheinlichen Armut, sehr freundlich und mit einem Lächeln. Sie schienen, anders als meine Erfahrungen in Deutschland, nicht so materiell, sondern mehr am Wir und gegenseitigem Respekt orientiert zu sein. Das Lächeln und ihr Lebensgefühl teilten sie mit mir!
Eigentlich war ich ja gekommen, mit der Absicht Ihnen zu helfen, doch jetzt gaben SIE mir etwas. Ich war sprachlos von ihrer Bereitschaft zu geben. Sprachlos und beschämt. Was für eine Gesellschaft in der sogar der Ärmste etwas gibt! Ganz passend dazu finde ich auch das Zitat eines Nepali: „You have got two hands, one for taking and one for giving!“ Auf Deutsch also: Du hast zwei Hände, eine zum Nehmen und eine zum Geben!
Und nach diesem Motto will ich auch in Zukunft versuchen zu leben.
Glücklicherweise fanden während meiner Zeit dort zwei wichtige Ereignisse statt. Zum einen das große Medizincamp und zum anderen das Imker-Training mit der Vergabe der ersten Bienenkörbe - beides zwei wirklich spannende, aber auch ergreifende Erlebnisse.
Im Nachhinein bin ich wirklich froh, diese mir gebotene Chance genutzt und das Land Nepal mit seinen schönen und weniger schönen Seiten kennengelernt zu haben!
Dafür bedanke ich mich noch einmal ausdrücklich bei Dani und Steffen!
Max-Friedemann Kretschmer
 
Text: Max-Friedemann Kretschmer
Fotos: LiScha Himalaya e.V.