Medizin Camp April 2012

Vom 20.-21.04.2012 führten wir gemeinsam mit unserem Partnerverein „USD Nepal” und einem nepalesischen Medizinerteam aus Kathmandu ein weiteres Gesundheitscamp in Silinge durch. 
Schwerpunkte waren allgemein- und zahnmedizinische Untersuchungen und Behandlungen sowie Schulungen im Bereich Mund- und Zahnhygiene. Insgesamt 576 Patienten konnten in den zwei Tagen untersucht und behandelt werden. Über 120 Zähne wurden gezogen, kleine Operationen durchgeführt und Dringlichkeitslisten für Folgebehandlungen erstellt. Aufgrund der langjährigen Erfahrung des „Kist Medical College Hospital”-Teams mit Camps wie diesem, können wir auf zwei sehr erfolgreiche und sehr gut strukturierte Tage zurückblicken. Die Menschen unserer Projektregion erhielten einerseits die notwendigen medizinischen Versorgungen und andererseits konnten langfristigere Maßnahmen durch Gesundheitstrainings für Lehrer, Gesundheitshelfer und Familien aufgebaut werden.

Die medizinische Situation in Deutschland:
Was tun wir in Deutschland, wenn wir z.B. unter Magenproblemen, starkem Husten, Zahnschmerzen oder Kieferentzündungen leiden?
Wir suchen einen Arzt auf, meist ganz in unserer Nähe, bekommen die notwendige Medizin und die erforderlichen Behandlungen sowie Nachuntersuchungen.

Die medizinische Situation in Kankada, unserer Projektregion:
Medizin ist den Menschen in unserer Projektregion nicht zugänglich. Sie haben nicht die Möglichkeit, schnell einen Arzt aufzusuchen, da zum einen Gesundheitsstationen und Kliniken weit entfernt liegen und sie sich zum anderen eine medizinische Behandlung nicht leisten können. So müssen Schmerzen ausgehalten und Krankheiten ertragen werden.
Haben die Menschen hier z.B. Zahnschmerzen, betäuben sie diese mit Alkohol oder schlagen sich die schmerzenden Zähne selbst aus – eine für uns „Westler” an sich schon unerträgliche Vorstellung. Diese „Methode” zieht nicht selten schwere Entzündungen nach sich, die wiederum unbehandelt bleiben.

Die Notwendigkeit eines weiteren Medizin Camps:
Während unserer Projektarbeit und unseren Besuchen der Familien vor Ort hat sich immer wieder gezeigt, dass wir bei der Vielzahl an Erkrankungen und den Folgen von Verletzungen mit unserer Rucksack-Notfallapotheke nur bedingt helfen können. Wir entschieden, ein weiteres Medizin Camp zu organisieren, das sich neben einem General-Check auch dem Thema Zahnbehandlung und Hygieneaufklärung widmen sollte.
Während unseres Deutschlandaufenthaltes begannen wir verstärkt Spenden für diese Aktion zu sammeln.
Dank der großzügigen Unterstützung der deutschen Vereine „Step by Step e.V.” und „sundar sansar e.V.” konnten wir das Vorhaben sehr zeitnah in die Tat umsetzen.

 
 

Das Medizin Camp in der Umsetzung:
Nach längeren Vorbereitungsarbeiten in Kankada und Kathmandu begibt sich ein zehnköpfiges Team bestehend aus Ärzten für Allgemein- und Familienmedizin, aus Zahn-, Hygieneärzten, Krankenschwestern und Apothekern des „KIST Medical College Hospital” am 19.04.2012 frühmorgens auf den zwölfstündigen Weg nach Silinge. Das Team hat bereits viel Erfahrung mit Medizin Camps in schwer zugänglichen Regionen und der Arbeit unter schwierigen Bedingungen. Gesundheitshelfer haben im Vorfeld die Menschen unserer Projektregion über das bevorstehende Camp informiert.
Wie schon beim ersten Medizin Camp funktionieren wir die Schule von Silinge wieder in eine „Behelfsklinik” um: aus Klassenräumen werden Behandlungszimmer und die Apotheke, der Schulhof dient als Warte- und Aufnahmebereich.

Bestens ausgerüstet mit dem nötigen Personal, mit Instrumenten, Medizin und Aufklärungsmaterialien startet das zweitägige Camp am 20.04.2012 um 9.00 Uhr morgens.
Der erste Tag ist für die Menschen aus den weit entfernten Teilen Kankadas vorgesehen. Insgesamt 270 Menschen nehmen den langen Fußmarsch nach Silinge auf sich. Trotz des weiten Weges von ca. vier Stunden reihen sich die ersten Patienten schon ab 8.00 Uhr morgens in die Warteschlange ein.

Krankenschwestern und Gesundheitshelfer nehmen alle nötigen Daten auf (persönliche Daten, Gewicht, Blutdruck, Puls) und weisen die Patienten den jeweiligen Untersuchungsräumen zu.

Beim Generalcheck
Für Prof. Dr. Sharma und Dr. Paudyak gibt es während der zwei Tage kaum eine Verschnaufpause. Trotz des beständig großen Patientenandrangs arbeiten beide Ärzte sehr sorgsam und einfühlend.
Viele der Menschen haben zuvor noch nie einen Arzt besucht und zeigen sich daher eher scheu und wortkarg. Für uns ist es immer wieder beeindruckend zu sehen, mit welcher Geduld und welch geschickten Fragen sie ihnen dann doch die benötigten Informationen entlocken können.
Ergebnis der Untersuchungen: alle Patienten wurden untersucht, Erkrankungen diagnostiziert und die notwendigen Medikamente verabreicht.
Hauptprobleme sind: Magen- und Darmerkrankungen, Unterleibsbeschwerden bei Frauen, Hautinfektionen, Atemwegserkrankungen, H-N-O-Erkrankungen, Kiefer-Gaumen-Spalten und Beschwerden aufgrund nicht behandelter Verletzungen/Deformitäten. Für einige von ihnen ist eine Weiterbehandlung mit Operationen und anschließender Rehabilitation notwendig, die wir umgehend einleiten werden.

Beim Zahnarzt
Das Zahnarzt-Behandlungszimmer erinnert kaum noch an einen Klassenraum. Nur das Alphabet an der Wand verrät, dass wir in einer Schule sind. Drei Zahnärzte und zwei Assistentinnen mit Kitteln, Mundschutz und Stirnlampen, Schultische voller medizinischer Instrumente, Desinfektionsmittel und ein paar einfache Behandlungsstühle – so sieht die errichtete Zahnpraxis aus.
Sämtliches Equipment haben die Ärzte aus Kathmandu mitgebracht. Überhaupt sind sie ein sehr eingespieltes Team. Ob während der Untersuchungen, bei den Vorbereitungen für die Zahnbehandlungen und/oder den Extraktionen oder bei den kleinen Operationen – jeder Handgriff sitzt. Der Zahncheck der Patienten und die daraus folgende Behandlung stellt für die Ärzte immer wieder eine Herausforderung dar: Karies, abgefaulte Zahnstümpfe, Wurzelentzündungen, extreme Zahnschiefstände, Ekzeme ... Unter den gegebenen Umständen müssen sich die Zahnärzte auf Notbehandlungen und Schadensbegrenzung konzentrieren.
Das Ergebnis der zwei Tage:
•  knapp 500 Patienten sind zahnmedizinisch untersucht,
•  126 Zähne gezogen,
•  zwei kleine Operationen durchgeführt,
•  Patienten mit Medizin, Zahnbürsten und Zahnpasta versorgt.
 
 

Zahnhygiene - Schulungen
Zahnpflege ist in einer so entlegenen Region wie Silinge kaum verbreitet.
Während des Medizin Camps stellt sich heraus, dass Patienten sich entweder die Zähne gar nicht putzen oder, nicht selten, eine gemeinsame Familienzahnbürste benutzen. Diese ist dann solange im Gebrauch, bis kaum noch Borsten zu erkennen sind.
Den Menschen ist nicht bewusst, wie eng Mundhygiene und Gesundheit miteinander verbunden sind und dass Zahnpflege einige ihrer Krankheiten verhindern könnte.
An beiden Tagen des Medizin Camps werden deshalb Zahnhygiene-Trainings durchgeführt. Diese sind so ausgelegt, dass einerseits die Lehrer der Schulen und Gesundheitshelfer der angrenzenden Stationen geschult werden, um langfristig auf die Menschen hier einwirken zu können. Andererseits sollen diese Schulungen der Bevölkerung die Wichtigkeit von Hygienemaßnahmen verdeutlichen und ihnen so zu einem gesünderen Leben verhelfen.

Fazit des Medizin Camps:

  • 576 Menschen wurden behandelt
  • 126 Zähne gezogen
  • 2 kleine Operationen durchgeführt
  • Patienten mit den notwendigen Medikamenten versorgt
  • Zahnhygiene-Schulungen durchgeführt
  • Dringlichkeitslisten für Folgebehandlungen (Operationen) erstellt
  • Über 50 Menschen haben am Medizin Camp mitgewirkt, darunter unser Partnerverein „USD Nepal“, Allgemeinärzte, Zahnärzte, Apotheker, Krankenschwestern, Gesundheitshelfer, ein Koch und Küchenhelfer, der „Wasserholdienst“, Freiwillige (meist Lehrer) und wir von „LiScha Himalaya e.V.”.

Die Gesamtkosten des Medizin Camps belaufen sich auf ca. 5.300 EUR, d.h. es entfallen durchschnittlich nur 9,20 EUR auf jeden einzelnen Patienten.

Wir von „LiScha Himalaya e.V.” möchten uns ganz herzlich bei allen bedanken, die uns geholfen haben, den Menschen von Kankada diese medizinische Versorgung bereitstellen zu können. Ein besonderer Dank geht an die deutschen Vereine „Step by Step e.V.” und „sundar sansar e.V.”, die durch ihre finanzielle Unterstützung dieses Camp erst ermöglicht haben, an unseren Partnerverein in Nepal für die gute Organisation und an das Medizinerteam für den großartigen Einsatz!

Für die Zukunft hoffen wir weiterhin auf Menschen, die unser „Medizin-Hilfe-direkt”–Projekt finanziell unterstützen und so mithelfen, der Bevölkerung unserer Projektregion die so notwendige medizinische Versorgung zu ermöglichen.

Danke und Namasté