Medizin Camp in Silinge - Oktober 2011
Am 22.10.2011 führten wir in Zusammenarbeit mit unserem nepalesischen Partnerverein „USD Nepal” und einem nepalesischen Medizinerteam ein Gesundheitscamp in Silinge (Kreis Kankada) durch.
Die Versorgung akut Kranker und die gynäkologische Behandlung der Frauen standen bei diesem Medizin Camp im Vordergrund. Insgesamt 500 Menschen, aus dem gesamten Kreis Kankada, erhielten medizinische Hilfe. Für einige von ihnen war aufgrund des Befundes eine Operation dringend erforderlich. In den Folgetagen traten die betroffenen Frauen den Weg in das Krankenhaus an und wurden dort erfolgreich operiert.
Die medizinische Situation
Wie viele Frauen in den entlegenen Gebieten Nepals noch still und verschwiegen unter einem Gebärmuttervorfall leiden, ist nicht zu sagen – zu viele sind es, das ist sicher!
Sannani ist 17 Jahre alt, verheiratet und Mutter zweier Kinder. Mit ihren jungen Jahren weiß sie schon, wie schwer das Leben sein kann. Harte Arbeit ist sie gewohnt. Mit 13 wurde Sannani verheiratet, mit 14 das erste Mal Mutter. Das ist kein Einzelfall in den ländlichen Regionen Nepals.
Seit Generationen haben die Frauen sehr jung zahlreiche Kinder geboren. Die Risiken für Mutter und Kind sind bei einer so jungen Mutterschaft, verbunden mit schwerer körperlicher Arbeit und den hier herrschenden schlechten hygienischen Bedingungen, sehr hoch. Regenerationsphasen nach der Geburt gibt es nicht.
Diese Menschen können es sich nicht leisten, zur Schule zu gehen und so bleibt ihnen auch Bildung und Aufklärung versagt. Über das „Herausrutschen” der Gebärmutter, die Schmerzen und die Entzündungen im Becken- und Bauchraum sprechen sie kaum, die tragen sie im Stillen aus - keine Vorsorge, keine medizinischen Maßnahmen.
Nepals Regierung, insbesondere die Gesundheitsministerin, versprach 2008, sich um die Gesundheitsbelange der Frauen zu kümmern und Reformen folgen zu lassen.
Der Staat entschied, Gebärmuttervorfälle künftig zu thematisieren und die Frauen durch eine Kostenübernahme der Operation zu unterstützen. Ein wichtiger Schritt für Nepals Frauen! Doch leider gibt es Lücken in der Umsetzung.
Da 80 Prozent aller Nepalesinnen auf dem Land und in schwer zugänglichen Regionen leben, ist die Realisierung einer Reform wie dieser sehr schwierig.
Nur wenige Frauen wissen von der Möglichkeit, die ihnen von Staatsseite bereit gestellt wird. In unserer Projektregion gibt es kaum eine Frau, die je eine Gynäkologin oder überhaupt einen Arzt aufgesucht hat.
Die Kosten für einen Arztbesuch mit den Folgezahlungen an entsprechenden Medikamenten, die bei einem Gebärmuttervorfall hoch sind, kann so gut wie keine Frau aufbringen. Der Staat übernimmt nur die eigentlichen Operationskosten, alle übrigen Zahlungen müssen die Frauen allein tragen. Für die meisten von ihnen ist dies ein unlösbares Problem.
Hier haben wir von „LiScha Himalaya e.V.” angesetzt und die Lücken geschlossen. Durch das Medizin Camp konnten den Frauen die dringend nötigen ärztlichen Untersuchungen sowie die nachfolgenden medikamentösen Behandlungen finanziert werden.
So haben sie nicht nur medizinische Hilfe erhalten, sondern auch die Chance, durch Aufklärung und neues Wissen alte Muster zu durchbrechen - eine gesündere Zukunft für junge Frauen wie Sannani.
Ein kleines Licht für die Frauen von Kakanda
22.10.2011, Silinge, Nepal
Es ist gerade acht Uhr morgens und das Medizin Camp hat begonnen. Seit ca. einer Stunde strömen die Menschen, hauptsächlich Frauen, aus allen Richtungen zum Schulgelände in Silinge – dem Platz, auf dem das Camp eingerichtet worden ist. Ein beeindruckendes Bild! Binnen zwei Stunden ist der gesamte Schulhof mit Menschen gefüllt, ein Gewirr aus Gesichtern, Farben und Stimmen.
Der Kreis Kankada ist groß und so sind viele von ihnen von weit her gekommen - auch die 72 Jahre alte Bandana Chepang. Sie hat sich zusammen mit ihrer Tochter und den Nachbarsfrauen zu Fuß auf den weiten Weg nach Silinge gemacht. Fast 4 Stunden hat sie gebraucht, um das Medizin Camp zu erreichen. Bandana erzählt uns, dass sie schon ganz früh aufgebrochen ist – bereits im Dunkeln, um pünktlich hier zu sein. Noch nie in ihrem Leben ist sie bei einem Arzt gewesen. Sie kennt nur den Dorfheiler. Sie hat Magenprobleme, aber ansonsten ist sie eine starke Frau, die eine Menge aushalten kann.
Bandana Chepang ist nicht die einzige Frau, die heute zum Medizin Camp gekommen ist. Die Krankenschwestern und Assistenten haben alle Hände voll zu tun, die notwendigen Daten aller 500 Patienten aufzunehmen, Voruntersuchungen wie Puls- und Blutdruckwerte zu dokumentieren und an die Ärzte weiterzureichen.
Vor den Türen der drei Ärzte drängen sich die Menschen. Erst werden sie vom Allgemeinmediziner untersucht, die Frauen anschließend von der Gynäkologin. Die Ärzte gönnen sich kaum eine Pause. Bis 17.00 Uhr geht es „Schlag auf Schlag”.
Erst dann leert sich der Schulhof langsam, nur noch wenige Menschen sitzen im Schatten der Gebäude, tauschen Neuigkeiten und Krankheitsgeschichten aus und begutachten die verordneten Medikamente.
Bandana ist schon lange wieder auf dem Heimweg. Es war ein langer und aufregender Tag für sie. Sie hatte sich nicht in die lange Warteschlange einreihen müssen. In ihrem Alter durfte sie direkt zur Ärztin durchgehen. Bandana ist froh über die Diagnose. Das Leben hat zwar ihren Körper gezeichnet, aber zur Operation muss sie nicht. Einige Medikamente bekommt sie, die sollen ihre Magenprobleme lindern.
Unser Medizin Camp „hinter den Kulissen”
Insgesamt 52 Mitarbeiter haben dazu beigetragen, dass das Camp gut strukturiert und reibungslos verlaufen ist. Die Vorbereitungen liefen schon Wochen im Voraus auf Hochtouren. Genehmigungen bei den Behörden mussten eingeholt werden, ein Medizinerteam wurde zusammengestellt, „Hand outs” gedruckt, Werbung über Rundfunk gesendet und alle nötigen Stellen in Silinge, unserem Veranstaltungsort, eingebunden. Jeder einzelne Haushalt ist im Vorfeld durch acht Gesundheitshelfer und Volunteers über die Aktion eines Medizin Camps informiert worden. Da es in unserer bergigen Projektregion keine Straßen gibt, hieß dies für die Helfer tagelanges Gehen, um die insgesamt 7.000 Menschen in den weit verstreuten Hütten zu erreichen.
Ein Team, bestehend aus einer Gynäkologin, zwei Allgemeinmedizinern, zwei Apothekern und zwei Krankenschwestern, hatte sich bereits am Vortag auf den weiten Weg nach Silinge gemacht. Für sie hieß es, erst den langen Fußmarsch in unsere Projektregion auf sich zu nehmen, dann zwei Tage unter einfachsten Bedingungen zu verbringen und auf dem Boden eines Klassenraumes zu übernachten. Auch für nepalesische Ärzte ist das keine Selbstverständlichkeit.
Allein zehn Träger brachten Berge an Decken, Verpflegung für die Tage (Reis, Linsen und Gemüse) sowie insgesamt 50 kg Medikamente und Verbandsmaterial viele Stunden durch schwieriges Gelände in die 1.300 m hoch gelegene Siedlung. Die Auswahl der Medizin erfolgte in Absprache mit den Apothekern und Ärzten, die schon bei einigen Medizin Camps mitgewirkt hatten.
Ein Küchenteam, bestehend aus einem Koch und einigen Helfern - vorwiegend Schüler der neunten und zehnten Klasse, zauberte allen Mitarbeitern auf einer winzigen Feuerstelle einfaches aber gutes nepalesisches Essen. Zwei Träger wechselten sich ab, Trinkwasser von der fünfzehnminütig entfernten Wasserstelle zu holen, um alle Helfer wie Patienten damit versorgen zu können.
Alle Lehrer der Schule stellten ihre gesamte Zeit als Helfer zur Verfügung.
Am Ende des Medizin Camps konnten wir auf ein großartiges Ergebnis schauen – alle 500 Menschen, die gekommen waren, sind untersucht und behandelt worden!
Die Gesamtkosten des Medizin Camps belaufen sich auf ca. 3.000 EUR, d.h. es entfallen durchschnittlich nur 6 EUR auf jeden einzelnen Patienten.
Ein herzliches Danke!